Die Kuratie-Gemeinde der Kamillianer in Chariottenburg verdankt ihre Entstehung der pastoralen Planung und gedanklichen Anregung Bernhard Lichtenbergs in der Zeit, als der spätere Dompropst zwischen 1913 und 1930 Pfarrer der Charlottenburger Ursprungsgemeinde Herz Jesu gewesen war. Mitten in der von der Inflation erschütterten Nachkriegszeit vermochte er die Kamillianer, den "Orden der Regularkleriker vom Krankendienst", der auf den 1746 heiliggesprochenen italienischen Adligen und spätberufenen Priester Camillus von Lellis (1550-1614) zurückgeht, zur übernahme eines Seelsorgezentrums in seinem 35.000 Katholiken zählenden Pfarrgebiet zu gewinnen. 1886 war der heilige Kamillus von Leo XIII. zum Patron der Kranken und der Krankenanstalten, 1930 von Pius XI. zum Schutzheiligen der Krankenpflegeberufe bestimmt worden. Im Krankenhausviertel Charlottenburg, das war Lichtenbergs Intention, sollten die Kamillianer die Sondersorge um die Kranken mitübernehmen.
1922 konnte in einer Schulaula der erste Gottesdienst gehalten, 1923 eine ehemalige Reithalle der Gardekürassiere zur Notkirche umgebaut werden. 1932 entstand dann der Baukomplex Sankt Kamillus, der in der Vielfalt seiner Funktionen als Seniorenwohnheim, Kloster und Kindertagesstätte und in deren baulicher Verwirklichung inmitten der Stadt auch heute noch als vorbildlich gelten kann. 1936 wurde die Kuratie im pastoralen, 1978 auch im vermögensrechtlichen Sinne selbständig.
Camillus von Lellis wollte mit seinem Vater ein freizügiges Landsknechtsleben teilen. Doch mußte er, erst 18 Jahre alt, den Vater begraben, noch ehe er mit ihm in einen Kriegszug gegen die Türken aufbrechen konnte. 1575 erfuhr der mit einer unheilbaren Beinwunde behaftete Landsknecht Camillus von Lellis die Umkehr. Den Kapuzinern verdankte er das erste Mitleid in seiner ausweglos erscheinenden Lebensnot. Aber sie nahmen ihn, den unheilbar Kranken nicht in ihren Orden auf. Deshalb ging er nach Rom in das Jakobus-Spital für Sieche und Unheilbare, wurde dort Pfleger - und schließlich Verwaltungsdirektor des Hauses. Seine eigenen Krankheiten nannte er Barmherzigkeiten Gottes. Es sammelten sich um ihn Männer, die sich bedingungslose Nächstenliebe zum obersten Gebot machten. Am Jesuitenkolleg in Rom studierte Camillus dann als Spätberufener Theologie und wurde 1584 geweiht.
1591 wird seine Gemeinschaft als Orden anerkannt und die Pflege der Pestkranken als viertes Gelübde vorgeschrieben. Als Reformer der Krankenpflege führte Camillus die Dienstagät ein und verordnete die Trennung der mit ansteckenden Krankheiten Behafteten von den übrigen Kranken. "Väter vom guten Tode" hießen die Kamillianer bald, die sich aber andererseits ebenso der Waisenkinder in der Pestzeit annahmen. In unsere Zeit übersetzt lebt viel von diesem Tun in St. Kamillus fort. |